Urtextperle MAKARIOS - glückselig
Glückselig?
Dass Jesus seine Bergpredigt mit dem Ausdruck 'MAKARIOS, glückselig' beginnt, verwundert mich schon lange. Im Matthäus Evangelium Kapitel 5, Verse 3-11 steht neunmal: "Glückselig sind...". Die starke Ansprache geht an 'geistlich Arme, Leid Tragende, Sanftmütige, Hungernde, Dürstende,
Barmherzige, Herzensreine, Friedfertige, Verfolgte. Die zuletzt 'glückselig ' Genannten sind Menschen, die verachtet werden, weil sie ihm, Jesus, vertrauen.
Die Bergpredigt geht an eine 'bunt' zusammengesetzte, stets anwachsende Menge, die sich vor ihm versammelt: Es sind sicher viele Menschen mit allerlei Sorgen und Problemen dabei, viele mit Nöten des täglichen Lebens, Kranke und Hilfsbedürftige. Fühlen sie sich 'glückselig'?
Vermutlich eher nicht.
Beschenkte.
Wieso nennt sie Jesus dennoch 'glückselig'? Was bezweckt er damit? Will er benachteiligten Menschen den Glauben und das Vertrauen zu Gott stärken? Sie zu einem Gott weisen, der den Menschen ihren Wert zuspricht, der ihre Bestimmung als Salz und Licht der Welt ans Licht bringen will? Die folgenden Aussagen in den Versen 13-16 könnten in diese Richtung weisen...
In seiner Predigt ermutigt Jesus jeden Angesprochenen, sich als 'MAKARIOS' zu sehen. Es ist ein Ausdruck, der in der Antike den Zustand der 'glückseligen' Götter bezeichnet, die den irdischen Lebensproblemen enthoben sind. Es ist zur Zeit von Jesus ein bekanntes Wort, darum gebraucht es Paulus auch für den einzig allein gewaltigen Gott , den er im 1.Timotheusbrief zweimal MAKARIOS nennt (Kapitel 1,11 und 6,15).
Bedingungslos?
Das Glückseligsein scheint allerdings eine Art 'Bedingung' zu haben. Diese zeigt sich in seiner ersten Aussage in Matthäus 5,3:
MAKARIOS HOI PTOCHOI EN PNEUMATI.
Meistens übersetzt man diesen griechischen Grundtext mit 'glückselig die geistig Armen' oder 'glückselig sind die Armen im Geiste'. Dies wird oft in der Verkündigung mit Menschen gleichgesetzt, die eher 'beschränkt im Geist sind', beschränkten Bildungshintergrund haben oder volkstümlich gesagt 'einfach gestrickt' sind.
Auch wenn man die Übersetzung 'Arme im Geiste' so verstehen und anwenden kann, so führt sie doch in die Irre.
Warum sage ich dies?
Der Grund dazu ist eine grammatikalische Besonderheit im zitierten Text des Matthäus-Evangelium Kapitel 5, Vers 3:
Die Worte 'EN PNEUMATI' stehen im Dativ (3.Fall) und können, wie im Deutschen, entweder als 'IM GEIST' übersetzt werden oder 'ZUM GEIST (hin)'. Lesen wir nun 'glückselig die Armen zum Geist hin', also 'dem Geiste zugewandt' anstatt 'im Geiste', dann ergibt sich ein völlig anderer Sinn. Dann sagt Jesus etwas wie: "Ihr seid glückselig, MAKARIOS, weil ihr euch dem Geist zuwendet'. Und der Geist schenkt dem Bittenden die Verheissung des Himmelreichs, dem Trauernden Trost, dem Sanftmütigen das Erdreich, dem Hungernden und Dürstenden Sättigung, dem Barmherzigen Barmherzigkeit, den reinen Herzen das Gott schauen, den Friedfertigen die Gottes Kindschaft und den um Gerechtigkeit willen Verfolgten das Himmelreich. Wer vom Geist erbittet, wird vom Geist beschenkt.
Die Armen.
Ein zusätzlicher Gedanke mag die Übersetzung 'zum Geist hin' unterstützen.
Es ist die Bedeutung des Wortes PTOCHOI, die Armen. Das Griechische weist nicht auf allgemeine Arme hin, sondern auf 'Bettelarme'. PTOCHOI heisst ' Bettler, Kauernde, die Hand austreckende, ihre Bedürftigkeit Anerkennende'. Es ist ein besonderes Wort im Griechischen und unterscheidet sich von PENÄS, dem allgemein gebrauchten Wort für 'Armut', siehe 2.Korintherbrief 9,9. Dies träfe beispielsweise auf jene Menschen zu, die trotz Arbeit arm sind.
PTOCHOI jedoch sind Bettler, keine 'working poor'. Deswegen strecken sie die Hand aus zu einem Gebenden, zum Geist hin.
Glückselig, glückseliger?
Ist Gott MAKARIOS glückselig, dann ist es Jesus auch. Gibt der Vater (Jakobus 1,17) uns alle gute Gaben, dann gibt sie Jesus auch.
Die meisten Bibelleser wissen, dass jede direkte Rede von Jesus nur in den Evangelien und der Offenbarung vorkommt - mit EINER Ausnahme! In der Apostelgeschichte 20,35 steht: '...da Jesus gesagt hat: "Geben ist glückseliger (MAKARIOS) als nehmen".
Nehmen ist glückselig. Geben ist glückseliger. Wäre dann nicht 'am glückseligsten' wenn nehmen und geben zusammenkommt - wie es die Bergpredigt verheisst?