Wie Gott alles getrennt hat - und wieder zusammenfügt
Alles war einmal bei Gott, alles wurde getrennt von Gott, und eines Tages wird Gott wieder alles in allem sein. Diesen Weg der Schöpfung können wir an folgenden Bibelstellen ablesen. Römer 11,36: "Denn von Ihm, durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge..." - Römer 3,23: "Denn alle haben gesündigt und ermangeln der Herrlichkeit Gottes..." - 1. Korinther 15,28: "...dass Gott alles in allem sei.". Wenn wir Gottes Weg mit seiner Schöpfung verstehen, kann das unser Zusammenleben entscheidend verändern.
Lange litt ich darunter, dass alles in unserer Welt durch die Sünde von Gott getrennt ist. Zuerst durch den Sündenfall der Engel, dann durch den des Menschen. Beide zogen alles mit sich in die Gottferne (Selbst "die Himmel sind nicht rein in seinen Augen" Hiob 15,15). Lange begriff ich nicht, dass diese Trennung Gott nicht durcheinander bringt (wie mich!), sondern von Ihm zum Werden einer neuen, sogar tieferen Einheit gebraucht wird. - Ja, Gott selbst ist es, der, während er alles erschuf, trennte!
Beispiel Schöpfung
Schon ganz am Anfang in 1. Mose 1,3 lesen wir: "Es werde Licht... und Gott schied das Licht von der Finsternis." "Getrennt" wird auch in den folgenden Berichten, in denen Gott Wasser von den Wassern scheidet, Wasser und festes Land scheidet, Pflanzen von Pflanzen scheidet (indem jede Pflanze ihren eigenen Samen bei sich trägt) und schliesslich die Himmelskörper setzt, um Tag und Nacht zu scheiden (1.Mose 1,3-18). Was wohl bezweckte Gott damit? Offenbar will er unterscheiden und Klarheit schaffen.
Beispiel Mensch
Der Schöpfungsbericht fährt weiter: "Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde... als Mann und Frau schuf er sie" (1. Mose 1,27). In 2. Mose 2,7 lesen wir es ähnlich. Dort bildet Gott zuerst den Menschen als Einheit, Mann und Frau in einer Person. Darauf (2,22) trennt Gott den einen Menschen in zwei. Eine Seite Adams, eine Hälfte des Menschen, wurde von der anderen Hälfte getrennt. Heute nennt der Mann spasseshalber seine Frau "meine bessere Hälfte". Wie viel Wahres drückt er damit aus! Seit dieser göttlich verursachten Trennung zieht es den Mann zur Frau und die Frau zum Mann. Beide suchen die «verlorene» Einheit, beide wollen "nicht allein" sein! Während am Anfang die Andersartigkeit des Partners noch wie ein Magnet wirkt, wird das attraktive Gegenüber aber oft nach einiger Zeit zum zeitweise aufreibenden Gegner.
Wenn diese Herausforderung zu gross wird, suchen viele Männer und Frauen den Ausweg, selbst "Schöpfer" zu spielen. Sie wollen den Anderen "nach ihrem Bild" schaffen und verändern. Aber selbst christlich gesinnten Menschen entgeht oft, dass der Schöpfergott in Jesus Christus den Prozess der Veränderung lieber selbst ausführen möchte. Gott arbeitet immer noch an seinem Ur-Wunsch weiter, - nämlich den Menschen in Sein Bild zu verändern, und zwar in das Bild von Jesus Christus (s. 2. Korinther 3,18), in welchem das Getrennte zur Einheit findet. Darum sagt Paulus zu den Galatern in Kapitel 3,28: "Ihr habt Christus angezogen..., da ist nicht Männliches und Weibliches, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus."
Gottes schöpferisches Trennen will uns Männer und Frauen dazu bringen, den anderen in seiner jeweiligen Identität zu erkennen und anzuerkennen: als Mann, dem die frauliche Seite fehlt, die Frau. Und als Frau, der die männliche Seite fehlt, den Mann. Richtig Mann werden hiesse dann, zu seiner Einseitigkeit als Mann ein Ja zu finden. Dasselbe, nur umgekehrt, gilt für die Frau. Einen anderen Menschen in seiner Identität zu erkennen ist meiner Meinung nach nur dem Menschen möglich, der den anderen völlig "in Christus" (von ihm abhängig) sehen kann. Meint Paulus solches mit seiner Aussage an die Kolosser (1,28 b) "...einen jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen"?
Beispiel Israel
Der Weg Einheit – Trennung – Einheit betrifft auch Israel. Das Königreich Israel wuchs unter den Königen Saul, David und Salomo zu einem grossen, geeinten Reich. Unter dem Sohne Salomos, Rehabeam, wurde es - durch dessen sündiges Verhalten - getrennt in zwei Reiche (siehe 1. Könige 12). Sünde trennte und konnte nun noch mehr Sünde verursachen. Das heisst die götzendienerische Herzenshaltung beider Reiche konnte sich soweit entwickeln, dass Gott sogar die beiden Teile des Volkes Israel im Nord -und im Südreich von ihrem Land trennen musste. Er führte sie in die Verbannung. Der kleine Rest, der unter Esra und Nehemia wieder ins Land Israel zurückkam, wurde im Jahre 70 nach Christus endgültig unter die Nationen zertrennt. Endgültig? Nein, Römer 11,25-26 spricht davon, dass eines Tages ganz Israel gerettet wird, das heisst auch vereint und geeint wird.
Beispiel Philemon und Onesimus
Gott lässt sich somit auch durch die Sünde nicht von seinen Zielen des Wiedervereinens abbringen: Der kleine Brief des Apostels Paulus an seinen Freund Philemon im Neuen Testament ist eine Perle zu unserem Thema. Der Brief ist kurz, die Geschichte darin schnell gelesen: Ein Sklave Philemons namens Onesimus flüchtet aus seines Herrn Hause. Die Gründe dafür bleiben unklar. Doch wie das Schicksal so spielt, ausgerechnet dem Paulus muss Onesimus in der Metropole Rom über den Weg laufen! Onesimus bekehrt sich und Paulus nähme ihn gerne als Mitarbeiter auf. Doch schickt er ihn lieber an seinen Freund Philemon zurück, mit einem liebevoll geschriebenen Brief in der Hand, in dem er an Philemon schreibt: "Denn vielleicht ist er (Onesimus) deswegen für eine Zeit von dir getrennt gewesen, dass du ihn für immer besitzen mögest. Aber nicht länger als einen Sklaven, sondern... als einen geliebten Bruder..." (Vers 15). Für beide, für Onesimus und Philemon, war es eine tiefe Lebenserfahrung, die Gott herbeigeführt hatte: zu erfahren, wie die verlorene Einheit durch die Trennung in eine tragende Einheit verwandelt wurde.
Beispiel multikulturelle Gesellschaft
Ein weiteres Spannungsfeld für unser Thema ist das Zusammenleben unterschiedlicher Völker und Nationen. Auch hier versuchte ich, um Gottes Wege besser zu verstehen, an den Ursprung zurück zu gehen. Die Völker entstanden, als Gott nach der Sintflut mit drei Paaren eine "neue Menschheit" anfing. Noah und seine Frau blieben ab Neuanfang kinderlos. Ausgehend von Sem, Ham und Japhet und ihren Nachkommen (1.Mose 9,18-19) kam es zu einer Dreiteilung der Menschheit in die semitisch-europäische Rasse, die hamitisch-afrikanische Rasse und die japhetitisch-asiatische Rasse. Warum, fragte ich mich, fing Gott nicht wieder mit Noah und seiner Frau als einem Paar an, wie bei Adam und Eva? Warum mit drei Paaren?
Eine Antwort fand ich in der Dreiteilung des Menschen nach Geist, Körper und Seele. Ist sie ein Abbild der drei Menschenrassen, ja vielleicht gar ein Abbild der Drei-Einigkeit Gottes? Bemerkenswert ist doch, dass Gott den Menschen sich in drei Rassen entwickeln liess und jeder Rasse eine eigene Identität mit spezifischen Merkmalen gab. Der (hamitische) Afrikaner repräsentiert die Bewegung, Kraft und Schönheit des Körpers. Sieht man das nicht an den Tänzern, Athleten und an der geballten Lebenskraft? Der (japhetitische) Asiate ist in der Regel feingliedrig, er praktiziert religiöse Philosophie und Ästhetik. Zeigt er nicht die enorme Tiefe der menschlichen Seele auf? Der (semitische) Europäer repräsentiert den Geist: Erfindungen, Technik und Kunst. Alles was es zu entdecken gibt, reizt ihn. Vor allem aber ist er der Offenbarungsempfänger des wahren Gottes. Alle drei monotheistischen Religionen (das sind die Religionen, die nur einen Gott kennen) stammen aus semitisch-europäischen Quellen.
Nun sind die Identitäten der drei Rassen auch in der persönlichen Dreiheit des Menschen ausgeprägt. Der Geist soll die Leitung übernehmen, sollte sich aber auch durch die Seele verstehen lernen. Die Seele drückt sich durch den Körper aus und sollte sich ihrerseits vom Körper "etwas sagen lassen". Der Körper gibt die Ausdruckskraft von Geist und Seele weiter, sollte sich aber nicht durch die Lüste der beiden ruinieren lassen.
Getrennt leben, vereint wirken
Gott hat in der Schöpfung die Dinge getrennt, trennt Mann und Frau, trennt Berufe und Berufungen, trennt Völker, Sprachen und Nationen. Gott trennt durch sein Wort auch Geist, Seele und Körper. Vergleiche dazu Hebräer 4,12: "...das Wort Gottes ist... durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, der Gelenke als auch des Markes..." - Hier ist das Scheiden/Trennen eher positiv als negativ zu verstehen. Das griechische Wort MERISMOS weist auf ein schneidendes Zuteilen (wie mit einem Skalpell als moderner Vergleich) hin und nicht auf ein Durchschneiden/Trennen wie mit einem richtenden Schwert. Gott will alles an seinem rechten Platz haben, damit alles zuerst einmal recht funktionieren kann, sich in seiner eigenen Identität begreifen lernt und sich der gegenseitigen Abhängigkeit bewusst wird. Dann kann aus dem getrennten Leben ein vereintes Wirken werden.
Probleme entstehen dort, wo der Mensch die Dinge vermischt, statt in Christus vereint. Wenn Männer wie Frauen und Frauen wie Männer werden müssen, wenn "Multikulti" in Überfremdung, Lohndumping und Kriminalität hineinführt, wenn Menschen nicht mehr tun dürfen, was sie richtig können, wenn Geist, Seele oder Körper auf Kosten der je anderen Teile überstrapaziert wird - dann wird das "Getrennt leben, vereint wirken" unmöglich.
Den anderen stehen lassen
Ich und du. Du und ich. Gott teilte uns. Er kann und will in Christus diese Trennungen in neue und richtig verstandene Einheit umwandeln. Vergleiche dazu Epheser 1,10: "... um alles in Christus zusammenzufassen...". Wie? - Indem wir einander (und uns selbst) mit der Agape-Liebe Christi erkennen und achten in unserer einmaligen, gottgegebenen Identität, als Mann und Frau, als Menschen verschiedener Berufsgruppen und Berufungen, als unterschiedliche Volksgenossen. Und gleichzeitig einander unterstützen, die Person zu werden, die der Schöpfergott aus uns machen möchte.
"Agape" heisst erstens "Ehrfurcht und Respekt haben" und zweitens "über etwas oder über jemanden staunen können". Damit kann ich den anderen nicht nur "stehen lassen", sondern ihn auch noch in seiner Andersartigkeit "lieben"! Könnte dies nicht der beste Weg zur von der Trennung zur Einheit sein?