Zweimal begegnet uns das griechische Wort ENTEUXIS im Neuen Testament, beide Male im 1. Timotheusbrief 2,1 und 4,5. Die gängigen Übersetzungen übertragen es mit "Fürbitte". Fürbitte ist ein guter Übersetzungsversuch, aber eigentlich wäre ENTEUXIS mehr der Rahmen, in dem Fürbitte stattfände. Der Begriff wird im griechisch-deutschen Lexikon von Prof.Schirlitz mit "Zusammentreffen, Begegnung, Besuch, Anrede, Fürbitte" wiedergegeben. Die Dabhar Übersetzung gebraucht "Sich-verwenden" dafür. Ich erlaube mir, ENTEUXIS als "Audienz" zu sehen. Alle lexikalisch angegebenen Übersetzungen haben ihren Sinn, ebenso wie meine, die Audienz.
Für mehr Klarheit verfolgen wir nun den Wortstamm von ENTEUXIS. Mit dem Verb TYNGCHANO, respektive TYCHEIN (erlangen, ereignen) nähern wir uns der Bedeutung von ENTEUXIS: Man "erlangt ein Ereignis" - wie zum Beispiel im Lukasevangelium 20,35. Dort übersetze ich frei:
"...welche gewürdigt werden das Ereignis jenes kommenden Äons zu erlangen..."
Das Verb TYNGCHANO wird auch mit der Vorsilbe EN (auf Deutsch "in, innen") gebraucht. Somit befänden wir uns mit EN-TYNGCHANO in einem "innen stattfindenden, eher privaten" Ereignis, eben - in einer Audienz, in einem Zusammentreffen. Dort könnten wir nun auch den Begriff "Fürbitte" gut anbringen.
Es ist eine gewaltige Aussage, dass im Römerbrief 8,34 die Fürbitte von Jesus für uns auch mit EN-TYNGCHANO beschriebenen wird. Sie findet also für jeden einzelnen von uns in einer persönlichen Audienz zwischen Jesus und dem Vater statt.
Und eine vielleicht noch gewaltigere Aussage steht im Römerbrief 8,26: Hier wird das EN-TYNGCHANO noch mit der zusätzlichen Vorsilbe "HYPER" gesteigert. Dieses HYPER, auf Deutsch "über, überaus" zeigt, wie überaus persönlich der Geist Gottes unsere Gebetsschwachheit versteht und zu Gott weiterträgt.
ENTEUXIS kommt, wie erwähnt, nur zweimal im Neuen Testament vor. 1.Timotheusbrief 2,1 ermutigt Paulus seinen geistlichen Sohn "vor allen Dingen zuerst Bitte, Gebet, Fürbitte (ENTEUXIS) und Danksagung für alle Menschen zu tun". Die Aussage ist einerseits allen Lesern klar (siehe auch "die Gebetsarten im Neuen Testament bei www.xandry.ch). Andererseits geht aber bei der Aktion der Fürbitte die zusätzliche Bedeutung der "Audienz" verloren.
Einer Audienz bei der höchsten Majestät selbst!
(Man stelle sich im Vergleich die Ehre vor, bei einem Papst oder einem König ein privates Zusammentreffen zu haben)!
Es täte unserem Gebetsleben gut, sich an diese persönliche Note zu erinnern.
Bei der anderen Nennung von ENTEUXIS (1.Timotheusbrief 4, 4-5) brauchen wir wiederum "biblisches Vorstellungs-Vermögen", um damit klarzukommen: "Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet (ENTEUXIS)". In diesem Text geht es um das Essen. Die bekannteste, sofort einleuchtende Bedeutung des Textes ist das Tischgebet. Über dieses gäbe es viel zu schreiben, es gibt so viele Formen davon, im alltäglichen Leben gläubiger Menschen oder im kirchlichen, liturgischen Umfeld. Aber wir wollen uns in dieser Studie auf den Aspekt einer "Audienz" beim Essen beschränken. Was könnte also der Begriff ENTEUXIS heissen? Wie könnte man das umsetzen?
Zuerst stelle ich mir das so ähnlich vor, wie meine hugenottischen Vorfahren es handhabten: Es wurde ein Gedeck mehr aufgetischt als Personen "a table" vorgesehen waren. Jesus Christus war stets ein gegenwärtiger Gast - oder der Gastgeber. Also wurde beim Essen das Wort Gottes und Gott selbst mitgeehrt: "...Wer meine Stimme hören wird...zu dem werde ich eingehen und mit ihm (zu abend) essen und er mit mir"(Offenbarung 3,20).
Dann wandern meine Gedanken weiter: Bei welcher Art von Tischgespräch wäre Jesus wohl aktiv dabei? Wo wäre der Wohlfühl-Faktor? Wie das Essen mit Freude geniessen - im Mund und in den Ohren? Wie am besten die Gemeinschaft mit Tischgenossen fördern?
Dann: Wie oft essen wir allein? Wenn wir nicht gerade von Zeitmangel oder Heisshunger gesteuert werden, könnten wir nicht die Gelegenheit des Alleinseins nutzen und während des Essens eine Audienz mit Gott haben und dieses tête-à-tête sogar mit einer ganz persönlichen Note würzen?